Am 24. Juli 2021 trafen sich in Uors rund 20 Wanderer – das Autorenteam und Unterstützer des Buchs – zu einer geführten Tour durch die schöne Bergwelt der Val Lumnezia. Auf der Felskuppe, gegenüber des Dorfs, thront die Kirche Sogn Luregn, die gerade läutete und deren Glockenspiel bis weit ins Tal hinein schwang.
Simon Derungs, einheimischer Kulturwanderführer, hatte viel Spannendes aus dem Leben der lokalen Bevölkerung und der Geschichte des Orts zu erzählen. Alle hörten ihm gespannt zu. Nach der Begrüssung führte Simon Derungs die Gruppe zur Kapelle des Orts.
Kapelle Sogn Carli, Uors
Mit Maske betrat die Wandergruppe den Innenraum der Kapelle, der mit seinen Wandmalereien beeindruckte. Die Kapelle ist dem heiligen Borromeo geweiht, der von 1538 bis 1584 gelebt hatte und im Kanton Graubünden die Gegenreformation unterstützte. 21 Bilder an der fensterlosen Nordwand erzählen aus dem Leben des Heiligen.
Die Wandmalereien liefern nicht nur Informationen zum Leben eines Einzelnen, sondern machen die damalige Zeit anschaulich. Zum Beispiel dokumentieren sie die Bekleidung der damaligen Menschen, woraus sich überregionale Beziehungen ablesen lassen: Auf den Bildern sind die Köpfe der Frauen mit weissem Tuch umhüllt. Solche Kopfbedeckungen hatten verheiratete Frauen gegen Ende des 15. Jahrhunderts überall im deutschsprachigen Raum getragen. Auffallend ist, dass die Texte zu den Bildern in deutscher Sprache sind, obwohl die Bewohner in Uors schon damals Romanisch gesprochen hatten – eine abschliessende Antwort hierzu fehlt.
Der heutige Bau der Kapelle Sogn Carli stammt aus dem Jahr 1616. Gotteshäuser spielten in der Val Lumnezia über einen langen Zeitraum hinweg eine wichtige Rolle. Über die Bedeutung der Kirchen im Lugnezer Alltag verrät Simon Derungs in einem Interview, welches im Buch „Sagenhafter Wanderführer Surselva“ auf Seite 214 abgedruckt ist.
Weiter zur Kirche Sogn Luregn mit Halt bei einer Brücke
Der Weg führte hinab zum Valser Rhein. Da existierte einst eine Sägerei, über deren Untergang Simon Derungs zu erzählen wusste.
Gleich neben der Sägerei führt eine über 100-jährige Brücke über den Fluss nach Surcasti, ein sagenhafter Ort: Einst wollte ein Mann hier den Pfad hoch nach Surcasti. Doch es stellte sich ihm ein rollender Kuhbauch mit Augen (buttasch cun egls) in den Weg.

Die Sagengestalt buttasch cun egls tauchte auch in Madernal auf. Davon berichtet „Sagenhafter Wanderführer Surselva“ (Wanderung #6). Bei der Sagengestalt handelt es sich um eine Figur, die nur im Romanischbünden, im Safiental und im Prättigau vorkommt. Mehr Informationen zum Hintergrund und Ursprung der Sagenfigur sind im Buch „Sagenhafter Wanderführer Surselva“ auf Seite 177 zu finden.
Der rollende Kuhbauch mit Augen stellte sich Am 24. Juli 2021 der Wandergruppe nicht in den Weg. Somit war der Weg zur Felskuppe, die auf der anderen Seite des Ufers liegt, frei.
Nach dem Aufstieg setzte sich die Wandergruppe vor den mächtigen Glockenturm der Kirche Sogn Luregn hin und lauschte gespannt den Erzählungen von Simon Derungs über diesen aussergewöhnlichen Ort.
Auf zur Kirche Sogn Luregn
Die Kirche Sogn Luregn ist dem Märtyrer Laurentius geweiht, von dessen bitterem Ende Simon Derungs erzählte.
Anschliessend betrat die Wandergruppe den Glockenturm, dessen Mauern über einen Meter dick sind. Einer nach dem anderen kletterte die Leitern hoch, die zum Dachboden führten, wo gewaltige Glocken hängen. Zu hören war das Rauschen der beiden Flüsse Glenner und Valser Rhein, die am Fusse der Felskuppe zusammenfliessen.
Einst war dieser Glockenturm ein Wehrturm einer Burg gewesen, die es nicht mehr gibt. Aus den Steinen des Gebäudes baute man die Kirche Sogn Luregn, für die der mächtige Wehrturm in einen Glockenturm umfunktioniert wurde.
Von Surcasti nach Tersnaus
Um zurück nach Uors zu gelangen, führte Simon Derungs die Gruppe über die Auto-Brücke, die Surcasti und Uors miteinander verbindet. Diese Brücke wurde 1963 gebaut. Bei den Bauarbeiten wurden Funde einer spätbronzenzeitlichen Siedlung gemacht.
Von Uors her führte der Weg weiter hinauf durch den Laubwald bis zur Hängebrücke über dem Tersnausertobel. Beim Betreten beginnt die Brücke zu schaukeln und lässt einen fühlen, als würde man über das Tobel schweben, ja gar fliegen.
Unten im Tobel soll einst ein einsamer Müller mit einer Puppe gelebt haben. Davon erzählt eine Sage im Wanderführer (Wanderung #19). Das Motiv, die Puppe, kommt in den Sagen des gesamten Alpenraums vor. Mehr Informationen hierzu: „Sagenhafter Wanderführer Surselva“, Seite 204 – 205.
Nach der Überquerung der Hängebrücke konnten sich jene, die wollten, im Brückenbuch verewigen. Gestaffelt und unterschiedlich trocken trafen die einzelnen Wanderer der Gruppe auf dem Biohof Albin in Tersnaus ein, wo eine köstliche Verpflegung serviert wurde.
Edith und Robert Albin tischten lokale Produkte und hauseigenen Käse auf. Erfreut setzten sich die Wanderer an die weiss gedeckten Tische in der Scheune und genossen das Zusammensein. Zur Überraschung trug ein Profigeiger, der im Sommer auf dem Hof mithilft, Volksmusik aus dem Safiental und der Innenschweiz vor. Diese Stücke hat er neu interpretiert und sie durch ein rhythmisch ausgestaltetes Klopfen mit den Füssen begleitet.

Eine Antwort auf „Wandern in der Val Lumnezia“
Können Sie mir das Bild der Hängebrücke in der Val da Tersnaus
für eine Publikation über das Lugnez in Druckqualität (MB) zur Verfügung stellen?